Newsletter 2/19: Meldung 1

AUTOMOTIVE ENGINEERING EXPO (AEE)

Zentraler Kern des Karosseriebaus der vergangenen Jahre ist die zunehmende Digitalisierung des Engineerings mit all seinen Facetten. Die AUTOMOTIVE ENGINEERING EXPO (AEE) sowie der Kongress am 4. und 5. Juni 2019 am Messeplatz Nürnberg stellen dies mit dem Fokusthema in den Mittelpunkt: „Mit digitaler Entwicklung und flexibler Produktion zu neuen Leichtbau-Karosserie-Strukturen“. Aber was bedeutet dies in der Praxis? Virtualisierung ist das Zauberwort.

Neue Antriebe und Mobilitätskonzepte treiben die automobile Vielfalt rasant voran. Für den im Karosseriebau bedeutet dies: Neue Strukturen und Varianten sind erforderlich, eingespielte Prozesse müssen umgestaltet werden – bei überschaubaren Kosten, versteht sich. Um Fehler bereits im Vorfeld zu vermeiden und Prozesse vorhersagbar zu machen, verlagert sich das Engineering zunehmend ins Virtuelle. Mehr Software, weniger Hardware, lautet die Devise.

Computer Aided Engineering (CAE) hilft dabei, die Bauteile, Karosserien oder ganze Fahrzeuge zu simulieren und verlässliche Voraussagen zu treffen, zum Beispiel wie ein neuer Längsträger die Crashenergie abfängt oder sich neue Legierungen verhalten. Aber nicht nur Produkteigenschaften, auch Prozessschritte werden vorhersehbar. Das geht so weit, dass sich sogar die Ergonomie in der Montage virtuell durchspielen lässt, um die Gesundheit der Mitarbeiter zu schonen.

Die durchgehend virtuelle Prozesskette

Das Interesse der Branche ist groß, den gesamten Produktionsprozess als digitalen Zwilling abzubilden. Das große Ziel besteht darin, Teilabschnitte zu einer Gesamtdarstellung, einer durchgehend virtuellen Prozesskette zusammenzufügen und damit eine Rückkopplung der einzelnen Schritte untereinander zu erlauben. So lassen sich mögliche Verformungen im Fügeprozess oder Lacktrockner bereits im Umformprozess berücksichtigen. Aufwändige Hardwaretests sind damit überflüssig.

Ein anderes, wichtiges Thema bei der Digitalisierung betrifft das Big Data Management: Bei der Vernetzung der Produktionsprozesse, Stichwort Industrie 4.0, entstehen riesige Datenmengen. Doch welche Daten sind sinnvoll zu verwerten? Welche helfen OEM bei der Effizienzsteigerung und Kosteneinsparung?

Elektroautos komplett durchleuchten

Auf der AEE warten Entwickler, Hersteller und Institute mit den neuesten Lösungsansätzen auf. So präsentieren beispielsweise Forscher vom Fraunhofer IIS den größten Computertomographen der Welt, mit dem sich komplette Elektroautos nach einem Crashtest ohne Zerlegen durchleuchten lassen. Struktur und Materialien, die bislang unzugänglich waren können im Detail analysiert werden. Die starke Röntgenstrahlung macht sogar Strukturen in dicht gepackten Akkus sichtbar.

Engineering vom Sofa aus

Auf dem AEE-Congress zeigt EDAG-PS seine „Sofa-Kollaboration“, die zugleich Anwärter für den Innovation- sowie Sustainability Award ist. Damit können Ingenieure buchstäblich vom Sofa aus am Produktionsengineering mitwirken – von der Planung bis zur Instandhaltung, egal, wo auf der Welt sie sich befinden. Der Anwender nutzt eine VR/AR-Brille, mit der eine virtuelle Zelle um eine reale Störkontur projiziert wird. Mit einem realen Teachpendant erhält er die Möglichkeit, den digitalen Zwilling des Roboters zu programmieren. Weitere Anwender können sich per VR-Brille kollaborativ in die Szene „einwählen“.

„Im Karosseriebau sind viele Prozesse bislang nur über die Hardware abzuprüfen – und das ist zeitaufwändig und verursacht hohe Kosten. Digitale Prozesse beschleunigen diese Entwicklungsprozesse: Sie bilden Herstellungsschritte digital ab und zeigen frühzeitig, ob ein Produkt den geforderten Eigenschaften entspricht. Auf der Suche nach der bestmöglichen Lösung lassen sich verschiedene Optionen durchspielen, ohne dafür echte Ressourcen zu verbrauchen. Ziel ist es, die gesamte Prozesskette digital abzubilden. So lassen sich auch Testläufe über mehrere 1000 Kilometer simulieren und auswerten. Die Ansätze dazu sind bereits vorhanden – und werden DAS Gesprächsthema auf der AEE sein.“

Dr. Thomas Rudlaff, Rohbau Mercedes Benz Cars/Konzepte, Standards, Leichtbau, Daimler AG